Qualität aus Tradition
Verleihung des Gütesiegels für Qualitätskarpfen - Bericht der Landwirtschaftskammer vom 12. Januar 2006
Der Holsteiner Karpfen, ausgezeichnet mit dem Gütezeichen Schleswig-Holstein, steht für Ökonomie und Ökologie, nachvollziehbar und kontrolliert in der heimischen Region gewachsen betonte der Präsident der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein Hermann Früchtenicht anlässlich der Gütezeichenverleihung auf dem Betrieb Fischzucht Mönchsteich-Stenzenteich. Die Urkunde mit dem Gütezeichen Schleswig-Holstein, welches der Betrieb nach erfolgreicher Qualitätsprüfung für seine frischen Karpfen führen darf, wurde dem Betriebsleiter Jürgen Stolze am 15. Dezember 2005 vom Präsidenten persönlich überreicht.
Bereits in der dritten Generation wird das Familienunternehmen am Lütjensee geführt. Als passionierter Jäger und Fischer machte Großvater Stolze sein Hobby zum Beruf. Der Kochkünste seiner Frau war zu verdanken, dass mit dem Seehof 1946 der erste gastronomische Betrieb der Gemeinde entstand. Sein Sohn Jürgen Stolze, der heutige Chef des Seehofs, legte ebenfalls die Jäger- und Fischerprüfung ab und pachtete 1965 zur Erweiterung der Fischzucht den Mönchsteich dazu. Heute werden auf 55 ha Seefläche Karpfen und andere Speisefische erzeugt.
Die Karpfenteichwirtschaft hat in Schleswig-Holstein eine lange Tradition, die bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreicht. In Klöstern und adeligen Gütern wurde damals der hochwertige Fisch gezogen. Schleswig-Holstein als nördlichstes Produktionsgebiet für Karpfen in Mitteleuropa hat normalerweise nicht die allerbesten klimatischen Voraussetzungen für die Karpfenzucht, denn seinen Ursprung hat dieser Fisch im Flusssystem des Schwarzen und des Kaspischen Meeres. Der Karpfen liebt daher eher warme, stehende und langsam fließende Gewässer mit Pflanzenbewuchs und weichem Boden. In Schleswig-Holstein reichen die Wassertemperaturen der Teiche aber noch aus, damit der Karpfen sich wohlfühlt und gedeiht. Weiter nördlich wie zum Beispiel in Dänemark ist aufgrund der zu niedrigen Temperaturen keine kommerzielle Zucht mehr möglich.
Heute wird in Schleswig-Holstein vor allem in Familienbetrieben Karpfen produziert. Etwa 25 Teichwirte gibt es noch in Schleswig-Holstein, weniger als die Hälfte der Betriebe wirtschaften im Vollerwerb. Im Schnitt werden 250 t Karpfen erzeugt; die Erzeugung im Land ist sehr extensiv. Mit geringen Zuwachsraten und nur wenig Beifütterung von Getreide wächst in einem intakten Ökosystem ein Qualitätskarpfen heran, der in den meisten Fällen vom Produzenten direkt vermarktet wird.
Qualität vor Menge
Die Betriebe mit dem Gütezeichen Schleswig-Holstein legen dabei mehr Wert
auf die hohe Qualität des einzelnen Tieres als auf eine große Erntemenge.
Damit der Karpfenliebhaber zu seinem Genuss kommt, muss der Speisekarpfen, der
mit dem Gütezeichen HERGESTELLT UND GEPRÜFT IN SCHLESWIG-HOLSTEIN
ausgezeichnet wird, ein besonders wohlschmeckendes und festes Fleisch haben.
Die weiße Farbe des Fleisches ist ein wichtiges Indiz für die Qualität
des Karpfens, ebenso die feste Konsistenz. Die Fütterung von Mais ist streng
limitiert, da eine gelbliche Fleischfarbe und eine weichere Konsistenz des Fleisches
die Folge wären.
Geerntet wird der Karpfen hier bei uns in Schleswig-Holstein in einem Alter
von 3-4 Jahren. Die niedrigeren Temperaturen im Vergleich zum süddeutschen
Raum führen zu geringeren Zuwachsraten. Das Karpfenfleisch wird dadurch
fester, enthält weniger Wasser und ist oft auch weniger fett. Drei- bis
viersömmrige Karpfen weisen ein Gewicht von 1,5 3 kg auf, bei älteren
Karpfen liegt das Gewicht oft auch deutlich darüber.
Letztendlich entscheidet der Verbraucher über das Vermarktungsgewicht des Karpfens: Während im städtischen Umfeld eher kleinere Tiere gefragt sind, weiß man in ländlicheren Gegenden einen größeren Karpfen sehr zu schätzen. Bei diesen älteren Tieren ist die wertvolle Rückenpartie noch besser ausgebildet, das Fleisch ist fest und die berühmten Y-Gräten sind leichter zu finden.
In den letzten Jahren ist der Wettbewerb unter den Karpfenanbietern härter
geworden. Vor allem aus den östlichen Bundesländern und den osteuropäischen
Staaten werden große Mengen Karpfen zu Preisen angeboten, denen die heimischen
Erzeuger nicht begegnen können. Die Produzenten von Speisekarpfen in Schleswig-Holstein
haben sich bei dieser Entwicklung dennoch bisher behaupten können. Die
hohe Qualität der heimischen Karpfen und die Direktvermarktung haben zu
einer Stabilität beim Absatz geführt. Die Kunden wissen die Qualität
zu schätzen und sind bereit, die im Vergleich zum Großhandel höheren
Preise zu akzeptieren.
Die Bedeutung der Direktvermarktung hat daher in den Teichwirtschaften stetig
zugenommen. Das Gütezeichen kann in diesem Zusammenhang den Erzeugern helfen,
einerseits die Spitzenqualität und andererseits die regionale Herkunft
deutlich zu machen.
Qualität vor Ort
Von der hohen Qualität und dem ausgezeichneten Geschmack des Karpfens konnten sich die Teilnehmer der Veranstaltung beim Betriebsrundgang und dem gemeinsamen Karpfenessen persönlich überzeugen. Junior Jens Stolze, natürlich ebenfalls geprüfter Fischer und Jäger, zeigte Prachtexemplare aus der diesjährigen Ernte in den direkt am Restaurant gelegenen Hälterteichen. Vor dem Verzehr schwimmen die Karpfen mindestens eine Woche in Frischwasser. Neben dem frischen Karpfen bietet der Betrieb auch geräucherten Karpfen an: Im Buchenrauch erhält der Karpfen eine ganz besondere Note.
Der größte Teil der Karpfenernte wird aber über das betriebseigene Restaurant Seehof vertrieben: Mehr als 100 Zentner Karpfen finden hier jährlich raffiniert zubereitet ihren Weg zum Verbraucher. Küchenchef ist der Junior Jens Stolte, ihm zu Seite stehen sechs weitere Köche, die den Karpfen in zahlreichen Varianten auf den Tisch bringen. Vom klassischen Holsteiner Spiegelkarpfen blau über Karpfen China Art und Karpfenfilet mit Meerrettichkraut bis zu grätenfreien Karpfenchips (nicht nur für Kinder) reicht das Angebot. Bis heute hat der Seehof zahlreiche Auszeichnungen für seine hervorragende Feinschmecker-Küche erhalten.
Die Urkunde mit dem Gütezeichen HERGESTELLT UND GEPRÜFT IN SCHLESWIG-HOLSTEIN steht ab sofort im Fischzuchtbetrieb Stolze nicht nur für die hervorragende Qualität des frischen Karpfens, sondern auch für die regelmäßige Qualitätskontrolle durch die Landwirtschaftskammer.
Sandra van Hoorn
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